Erster Spatenstich für das Netz der Zukunft in Lenzkirch
12. März 2018Netze BW bringt 20.000 Volt Leitung zwischen Gauselfingen und Neufra unter die Erde
30. August 2018Die Gemeinde Hohenstein liegt mitten auf der dünn besiedelten Hochfläche der mittleren Schwäbischen Alb in einer Höhenlage von 730 – 770 m ü.N.N., inmitten einer sehr naturbelassenen Landschaft und einem rauen Klima („Raue Alb“). Hohenstein im Landkreis Reutlingen gehört geographisch zum Zentrum der Schwäbischen Alb, liegt im Bereich der sogenannten „Kuppenalb“, welche durch die Verwitterung freigelegter ehemaliger Riffstotzen, also großer ehemaliger Schwammriffen aus der Jurazeit, geprägt wird. Diese Riffstotzen bestehen aus biogen entstandenen, sehr harten Massenkalken, welche großteils recht nah unter der Bodenoberfläche anstehen. Hohenstein liegt also hoch oben auf der zentralen Hochfläche der Schwäbischen Alb und ist dank der Massenkalk-Riffgesteine sehr steinig.
INTERNET FÜR EINE GROSSE HOCHFLÄCHE?
In einer Region mit nur etwa 60 Einwohnern pro Quadratkilometer, mit sehr vielen Natur- und Erholungsräumen abseits der großen Verkehrsachsen, in solch einer Region dürfte doch das schnelle Internet nicht so dringlich sein wie in Ballungsräumen und starken Wirtschaftszentren. Doch auch das hoch gelegene „Hinterland“ von Reutlingen ist eine HighTech-Region und bietet mittelständische Marktführer auf, die schnelles Internet dringend benötigen, um Marktführer bleiben zu können.
WEGE FÜR DEN INTERNETAUSBAU
Um leistungsfähige Internetverbindungen zu schaffen, wurde die Gemeinde Hohenstein Mitglied einer Breitbandversorgungsgesellschaft, die schon im Nachbarlandkreis Sigmaringen tätig ist und hier bereits wichtige Breitbandstrecken gebaut hat. Die Anbindung kommt in diesem Fall also aus dem Süden und umfasst lange Wegstrecken im Gemeindegebiet, zumal auch alle Teilorte einen FTTC-Ausbau erhalten sollen. Mit dem Ausbau des Streckennetzes wurde die Firma STARK Energies GmbH aus Ludwigsburg beauftragt. Diese Firma verfügt über leistungsstarke Kabelpflüge und übliche Tiefbaugeräte und ist auf lange Linienbaustellen spezialisiert. Die Gesamtplanung und Projektsteuerung der Maßnahme wurde von der Firma Aßfalg Gaspard Partner Ingenieurgesellschaft aus Bad Waldsee vorgenommen. All jene Bereiche, die weder mit dem Kabelpflug noch mit den üblichen Tiefbaugeräten gebaut werden können, wurden als Fremdvergabe an spezialisierte Firmen weitergegeben. Komplexe Streckenabschnitte waren von daher grundsätzlich für die HDD-Technologie eingeplant.
WEGETRASSEN UND DER BIOTOPSCHUTZ
Die Anzahl an Streckenabschnitten für HDD-Bohrungen wurde jedoch deutlich größer als ursprünglich geplant. Die Untere Naturschutzbehörde im Landkreis Reutlingen hatte schon vor vielen Jahren Waldsäume, Wacholderheiden, Kalkmagerwiesen und viele Bereiche mit Lebensräumen seltener Pflanzen und Tieren unter Biotopschutz gestellt. Manche dieser Bereiche, zumeist natürliche Hecken und Waldsäume, erweckten bei der Begehung im Gelände den Eindruck von „Unland“, also von wenig nutzbaren Vegetationsstreifen. Doch gerade diese Gebiete waren Rückzugsorte von selten gewordenen Tieren und Pflanzen. Diese Biotopräume durften keinesfalls durch offenen Leitungsbau beeinträchtigt werden. Somit kam hier nur der grabenlose Leitungsbau mittels HDD-Bohrtechnologie infrage. Zwischen den Teilorten Oberstetten und Ödenwaldstetten und anderen Abschnitten gibt es lange Biotopzonen, in denen eine Glasfaserverlegung nur mittels HDD-Bohrtechnik vorgenommen werden konnte.
MIT FELSBOHRTECHNIK DURCH DEN MASSENKALK
Für die HDD-Bohrstrecken von insgesamt fast 1 km Länge in diesen wertvollen Naturräumen wurde die Firma Maier Bau aus Dettighofen (Lkr. Waldshut) beauftragt. Aufgrund kleinster Schürfgruben am Rand der Natursäume war bekannt, dass massiver Fels schon in wenigen Dezimeter Tiefe anzutreffen war. Zum Teil waren kantige Felsbrocken und Felsplatten im Verwitterungsboden bereits dicht unter der Erdoberfläche anzutreffen, teilweise ragten kleine Felsköpfe sogar aus der Erdoberfläche heraus. Die Firma Maier Bau kannte aufgrund anderer Baustellen auf der Schwäbischen Alb die Härte der massiven Kalkfelsen in und auf der Albhochfläche und am Albtrauf. Für die Bohrarbeiten zur Leerrohrverlegung zur späteren Aufnahme der Glasfaserbündel in 1 bis 1,6 m Tiefe kam daher nur der Einsatz einer GRUNDODRILL 18ACS Bohranlage infrage, schließlich musste in diesem harten Fels mit Druckfestigkeiten bis 230 MPa der grabenlose Leitungsbau sicher und in einem kurzen Zeitraum bewältigt werden. Die Massenkalke an der Traufkante und auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb sind als ehemalige Meeresriffe im Oberjura-Meer entstanden. Diese biogenen Riffkalke wurden später von anderen Gesteinsabfolgen überdeckt, dadurch zusammengedrückt und kompaktiert und haben daraufhin die heute so typische, massige Gestalt angenommen. Durch den hohen Überlagerungsdruck jüngerer Gesteinsschichten, die längst schon wieder durch die Verwitterung abgetragen sind, erhielten die Riffkalke ihre enorme Druckfestigkeit. Riffkalke bestehen aus Milliarden von zusammengedrückten Meeresschwämmen sowie anderen ehemaligen Rifflebewesen, die in harte bis sehr harte, nur noch selten erkennbare Versteinerungen übergegangen sind. Da Riffe bis in die heutige Zeit inhomogen aufgebaut sind, ist dies natürlich auch bei versteinerten Riffen der Fall. Massenkalke sind damit in sich inhomogen und intern ungleich strukturiert. Beim Durchbohren trifft man daher kein gleichmäßig aufgebautes Festgestein an, sondern ein Gestein mit internen Grenzflächen und Unstetigkeiten. Umso besser und leistungsfähiger muss deshalb das Bohrgerät und der den Fels durchörternde Bohrkopf sein, um in solch einem Hartgestein gute Tagesleistungen zu erzielen. Als Tagesziele waren zumeist Bohrabschnittslängen von 140 m festgelegt worden.
ÜBERZEUGENDE LEISTUNGEN MIT DER ACS-BOHRTECHNOLOGIE
Insgesamt sollten zwischen Oberstetten und Ödenwaldstetten vier Bohrabschnitte zu je 140 m Länge, zwei Abschnitte zu je 120 m Länge, ein Abschnitt mit 70 m Länge und ein weiterer Abschnitt von dato noch nicht definierter Länge im Massenkalk gebohrt werden. Die Kalkulation des Unternehmens beinhaltete eine Pilotbohrung pro Arbeitstag und einen Aufweitdurchgang inklusive Rohreinzug in einem halben bis maximal einem ganzen Arbeitstag. Um dies in dem beschriebenen, harten und inhomogenen Massenkalkfels zu erreichen, musste ein sehr leistungsfähiges HDD-Bohrgerät zum Einsatz kommen und natürlich auch ein sehr leistungsfähiger Felsbohrkopf. Deshalb kam für alle Beteiligten nur das „All Condition System“ GRUNDODRILL 18ACS mit Doppelrohr-Gestänge infrage, um die gewünschte Tagesleitung zu erbringen. HDD-Bohranlagen mit Doppelrohr-Gestänge, deren Innengestänge für den Bohrmeißelantrieb und das Außengestänge für die Steuerung und den Schutz der Bohrung ist, haben den enormen Vorteil, in allen Bodenbedingungen, auch in den extremsten, mit unterschiedlicher Bohrkopf-Bestückung einsetzbar zu sein. Darüber hinaus haben sie den Vorteil, auch in hartem Fels ohne hohen Spülungseinsatz bohren zu können und durch die Position ihres Ortungssenders weit vorne im Bohrkopf eine hohe Ortungsgenauigkeit zu besitzen. Doch auch bei hohem Spülungsbedarf garantiert die spezielle Konstruktion der Doppelrohrgestänge von TRACTOTECHNIK maximalen Spülungsdurchfluss. Das bedeutet optimale Produktivität auch bei Aufweitung und Einzug von großen Rohrdurchmessern in felsigen Böden sowie beim Bohren in Lockergestein. Für solche Bohrungen in Lockergestein kann der GRUNDODRILL 18ACS entweder ohne Aufwand mit Doppelrohrgestänge in Kombination mit Standard-Jetzubehör betrieben werden oder für größere Projekte alternativ auch mit Einfachgestänge ausgerüstet werden, um das Felsbohrequipment zu schonen.
Für die Bewältigung des harten Massenkalkes wählte man keinen Rollenmeißel für den Rockbreaker-Bohrkopf, sondern einen Stratacut-Vollschnittmeißel mit PCD-Besatz. Die polykristallinen Diamantplatten (PCDs) am Bohrmeißel sind zwar sehr teuer, jedoch bei richtiger Geräteführung sehr schnittleistungsstark und langlebig. In den inhomogenen Massenkalken konnte im Bohrloch ein sehr guter und gleichmäßiger Felsabbau erreicht werden, und auch Klüftigkeiten durch Verkarstungen sowie dolomitische Felspartien konnten sehr gut bewältigt werden. Schon bei der Pilotbohrung mit dem Stratacut-Bohrmeißel wurde ein Durchmesser von 165 mm erzeugt. Durch die Meißelart wurden glattwandige und sehr gleichmäßige Bohrlöcher hergestellt. Mit der Pilotbohrung wurde somit schon nahezu der Enddurchmesser erzeugt. Der nachfolgende Aufweitgang in der Gegenrichtung des Bohrloches hatte den gleichen Durchmesser, so dass hinter dem Aufweitkopf gleich das Produktrohr, nämlich ein Schutzrohr zur späteren Aufnahme der Glasfaserröhrchen, eingezogen werden konnte. Der Einziehvorgang verlief schneller als die Pilotbohrung, so dass die verbleibende Tageszeit zum Umsetzen und Positionieren des Bohrgerätes für den nächsten Tagesabschnitt genutzt werden konnte. Alle vorgesehenen Tagesleistungen konnten jeweils problemlos erreicht werden. Die gesamten Felsbohrstrecken von nahezu 1.000 m Länge wurden in etwas mehr als zwei Wochen bewältigt. Auch die mit dem Kabelpflug bedienbaren Überlandstrecken wurden im hohen Leistungstempo verlegt, während gleichzeitig in den Teilorten von Hohenstein die Glasfaserbündel schon unter den Gehwegen eingebaut wurden. Die gesamte Glasfasermaßnahme sollte im Herbst 2017 zum Abschluss kommen. Hausanschlüsse an Industriebauten wurden bereits parallel vorgenommen, die zahlreichen Hausanschlüsse zu den Privathäusern werden in den nächsten Monaten folgen.
POSITIVE EFFEKTE FÜR DIE BEWOHNER UND DIE NATUR
Die Bewohner der zentralen Hochfläche der Schwäbischen Alb haben reichlich Natur und es ist ihnen daher auch sehr bewusst, welch großen Lebensqualität-Vorteil dies bedeutet. Der ehemals große Standortnachteil wird durch das in Bälde zur Verfügung stehende schnelle Internet wettgemacht sein, man wird künftig in Rekordgeschwindigkeit mit der ganzen Welt verbunden sein. Die Bewohner der Region haben auch sehr aufmerksam und sehr positiv registriert, wie man Grenzflächen von Biotopzonen und Bereiche mit Landschaftsschutzstatus äußerst schonend bis gar nicht vom Leitungsbau berührend behandelt hat, in dem man einen unterirdischen Leitungsbau mittels verlaufsgesteuerter Horizontalbohrtechnik eingesetzt hat. Den Bewohnern der Region ist der felsige Untergrund vom eigenen Häuslebau bekannt, daher gab es in Hohenstein und Umgebung reichlich Lob für die Gesamt-Baufirma und natürlich für die von ihr eingesetzte Bohrfirma und die von ihr angewendete, grabenlose und völlig umweltschonende Gerätetechnik.
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Der Spezialmaschinenhersteller TRACTO-TECHNIK entwickelt und baut Maschinen für die unterirdische Verlegung und grabenlose Erneuerung von Rohrleitungen. Die Kunden für diesen stetig wachsenden Markt kommen aus den Bereichen der Versorgung mit Gas, Wasser, Strom, Fernwärme und Telekommunikation sowie der Abwasserentsorgung. Ein weiteres Standbein des 1962 gegründeten Familienunternehmens sind Maschinen, Fertigungssysteme und Softwarelösungen für die Rohrumform- und Rohrbearbeitungstechnik. TT hat seinen Stammsitz in Lennestadt-Saalhausen und beschäftigt weltweit rund 500 Mitarbeiter.